Lehmputz im Außenbereich
Eine seiner hervorragenden ökologischen Eigenschaften ist seine Reversibilität. Fügen wir z.B. einem alten Lehmputz Wasser hinzu, erhalten wir wieder eine Putzmischung und können diesen wieder zu Lehmputz weiterverarbeiten.
Gerade diese Eigenschaft ist aber auch seine Schwäche im Außenbereich. Wird eine mit einfachem Lehmputz verputzte Fassade beregnet, wäscht dies den Lehmputz unter Umständen innerhalb kürzester Zeit ab.
Trotzdem ist es ein großer Wunsch vieler vom Lehmbau begeisterten Menschen, Wege zu finden Lehm auch im Außenbereich zu verwenden. Dadurch haben sich viele Ansätze entwickelt, wie der Lehm im Außenbereich ausreichend geschützt wird bzw. die Lehmputzmischung effektiv modifiziert wird, um eine ausreichende Witterungsstabilität zu erhalten.
So geht's nicht: Lehmputz-Testfläche,
Lehmputz mit Strohhäckseln,
nach 1 Jahr bereits stark ausgespült
Bei den im folgenden beschriebenen Varianten handelt es sich nicht um hinlänglich erprobte Verfahren für die eine Herstellergewährleistung vorliegt.
Es handelt sich um mehr oder weniger erprobte Verfahren von Handwerkern und engagierten Privatpersonen, die viel mit Lehm bauen und dabei diverse Erfahrungen gesammelt haben.
Schutzvarianten, um einen Lehmuntergrund ausreichend zu schützen
Konstruktiver Schutz
Der naheliegendste Schutz ist es, erst gar keine Beregnung der Lehmoberfläche zu ermöglichen.
Ein ausreichender Sockel und ein großer Dachüberstand können das ggf. gewährleisten, je nachdem wie stark die Wände dem Wetter ausgesetzt sind.
Auch eine vorgehängte Holzfassade gehört im Prinzip zu den konstruktiven Schutzvarianten. Sie ist nicht immer unbedingt erwünscht, aber bei stark beanspruchten Wetterseiten manchmal die einzig noch machbare Lösung.
Kalkputz, 2 lagig
Als Haftbrücke wird zwischen Lehm und Kalk vor der ersten Putzschicht eine Kalkschlämme in den Lehmuntergrund einmassiert. Hierfür eignet sich am besten der HP 9 - Naturkalk-Grundputz (Hessler) in der Körnungsvariante G (grob).
Einem Grundputz mit HP 9L - Naturkalk-Leichtgrundputz (Hessler) folgt ein Abschluss mit HP 90 - Naturkalk-Edelputz (Hessler), ggf. gefolgt von einem Kalkfarbenanstrich oder einem Silikatfarbenanstrich.
Ein solcher Aufbau schützt den Lehmuntergrund ausreichend gegen Witterungseinflüsse. Allerdings kann man hier kaum noch von 'Lehm im Außenbereich' sprechen, da der Kalk diese Aufgabe des Wetterschutzes komplett übernimmt.
Kalkputz, dünnlagig (mit oder ohne Anstrich)
Man findet auch heute noch viele alte Fachwerkhäuser bei denen das Lehmfachwerk erstaunlicherweise nur mit einer dünnen Kalkputzschicht überzogen wurde. Dieser Aufbau zeigt sich in der Regel als sehr beständig.
Dafür eignet sich der HP 90 - Naturkalk-Edelputz (Hessler), ggf. gefolgt von einem Kalkfarbenanstrich.
Bitte beachten, dass als Haftbrücke zwischen Lehm und Kalk vorab eine Kalkschlämme in den Lehmuntergrund einmassiert werden muss. Dafür den HP 90 - Naturkalk-Edelputz (Hessler) geeignet verdünnt in den Lehmuntergrund einmassieren.
Welcher Aufbau ist vorzuziehen: 'Kalkputz, 2 lagig' oder 'Kalkputz dünnlagig'?
Leider ist noch nicht ausreichend erforscht, welcher Putzaufbau der haltbarere ist. Zu viele Faktoren (Untergrundbeschaffenheit, Bewitterung, handwerkliche Ausführung) spielen dabei eine Rolle, so dass letztendlich gilt: probieren geht über studieren...
mehrfache Kalkanstriche
Theoretisch sollte es reichen, auf dem Lehmputz eine dünnlagige Schutzschicht aufzutragen, die das Abspülen des Lehmputzes im Außenbereich verhindert. Daher könnte auch ein Anstrich auf dem Lehmputz ggf. einen ausreichenden Schutz darstellen.
Dieser Anstrich müsste zudem sehr elastisch sein: Lehmputz quillt unter Feuchteeinwirkungen auf. Diese Bewegungen dürfen nicht zum Abplatzen des Anstriches führen. Sumpfkalkfarben sind sehr elastisch und könnten daher sehr geeignet für diesen Zweck sein.
Erfahrungen liegen uns zu diesem Verfahren nicht vor, es wird aber von engagierten Lehmbauern erprobt.
Modifikationen des Lehmputzes, um ihn witterungsbeständiger zu machen
Zusätze von Kuhmist oder Pferdemist
Kuhmist und Pferdemist in den Lehmputz gemischt machen diesen auf erstaunliche Weise witterungsstabil. Dafür sollten dem Lehmputz mindestens 10% Mist hinzugefügt werden, auf der Wetterseite sogar eher 20%. Je höher der Mistanteil, desto mehr Sand muss der Mischung zugegeben werden, da der Putz sonst reißt.
Die Zellulose aus dem Kuhmist erhöht die Bindekraft des Lehmputzes. Der Ammoniak wirkt gegen Mikroorganismen.
Kuhmist ist häufig leichter verfügbar. Ergänzend macht es sich aber gut - wenn möglich - einen kleineren Teil durch Pferdemist zu ersetzen, da die stärkere Faserstruktur des Pferdemists eine gute zusätzliche Armierung darstellt.
Ein Lehmputz mit hohem Mistanteil gibt optisch einen wenig schönen Farbton. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass der Farbanteil des Mistes nach einiger Zeit weitestgehend verschwindet, so dass auch ansprechende ungestrichene Lehmputzfassaden möglich sind.
Zusatz von Haaren in großen Mengen
In einem Versuch haben wir ein Stallgebäude auf der Außenseite mit einem Lehmputz versehen, dem 30% Haare zugesetzt wurden. Dieser Lehmputz wurde nicht weiter an der Oberfläche behandelt. Das Gebäude ist stark der Witterung ausgesetzt. Der Lehmputz ist auch nach 20 Jahren in seiner Grundstruktur noch stabil.
Es hat sich gezeigt, dass ein Lehmputz mit Zusatz von großen Mengen an Haaren eine recht witterungsstabile Oberfläche darstellt. Allerdings ist dieses Verfahren im größeren Maßstab so nicht zu empfehlen, da die Verarbeitung doch sehr mühseelig ist (die hergestellte Putzmischung ist eine klebrige widerspenstige Masse, die mit einigen Kraftaufwand an die Wand gedrückt werden muss).
Alle beschriebenen Schutzvarianten und Modifikationen besitzen keine Hydrophobierung. Es handelt sich hierbei ganz bewusst um vollständig diffusionsoffene und kapillar leitfähige Aufbauten.
Untergründe für Lehmputz im Außenbereich
Lehmuntergrund ideal
Ideale Lehmputzuntergründe im Außenbereich sind Lehmuntergründe wie z. B. nicht stranggepresste Lehmsteine, Stampf- oder Strohlehm.
Doch Achtung: Stranggepresste Grünlinge und vakuum-stranggepresste Lehmsteine eignen sich wegen ihrer stark verdichteten Oberflächen sowie des aufgrund ihres hohen Tongehaltes extremen Quellens und Schwindens nicht als Putzgrund!
Glatter Untergrund ist ungeeignet
Der Untergrund für den Lehmputz muss rau genug sein, um eine „Verzahnung“ des Lehmputzes zu ermöglichen. Glatte Flächen wie z. B. Beton, Mauerwerk aus Klinkern oder stranggepressten Ziegeln sind grundsätzlich nicht geeignet.
Wenig diffusionsoffene und wenig kapillaraktive (schwach saugende) Untergründe sollten nicht mit Lehmputz belegt werden
Bei gelegentlichem Schlagregen nimmt der Lehmputz problemlos viel Feuchtigkeit auf und transportiert diese auf kapillarem Wege in kürzester Zeit nach innen. Sofern der Untergrund die Feuchtigkeit in etwa dem selben Maße aufnehmen kann, wie sie ihm zugeführt wird, ergeben sich generell keine Probleme. Im anderen Fall staut sich die Feuchtigkeit auf der Schichtgrenze, wodurch sich der Lehmputz vom Untergrund lösen kann und auf der sich bildenden Wasserschicht regelrecht „abschmiert“.
(Es sollte aber beachtet werden, dass Lehmputz, der einer dauerhaften Schlagregenbelastung ausgesetzt ist, auch bei geeigneten Untergründen „abschmieren“ kann)
Daher sind kaum bis schwach saugende Materialien wie z. B. Natursteine, Stahlbeton, Beton-Hohlblocksteine, Bimsbetonsteine, Leichtbetonsteine, Gasbetonplatten und -steine sowie Kalksandsteine, Vollziegel (z. B. Klinker), Hochlochziegel und Leicht- / Porenziegel als Untergrund nicht geeignet.
Wartungsaufwand
Grundsätzlich ist ein höherer Wartungsaufwand bei Lehmputzoberflächen im Außenbereich miteinzukalkulieren. An Lehmoberflächen können aber mögliche Reparaturarbeiten sehr gut vom Eigentümer mit normal handwerklichem Geschick ausgeführt werden.